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Zum Problem der Leistungsmotivation

Ein Zauberwort in der gesamten pädagogischen Welt ist das der Motivation.
Wie diese herzustellen ist und welche Tricks einem Lehrer dabei helfen können, lernt man in den Seminaren an der Hochschule und während des Vorbereitungsdienstes für das Lehramt, dem sogenannten Referendariat.


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Wer als Lehrer von Motivation spricht, meint im weitesten Sinne immer die 'Leistungsmotivation'. Dabei entsteht jedoch ein Problem, dass nur selten Beachtung findet. Denn zum einen findet eine echte 'Leistungsmotivation' in der Schule genau genommen gar nicht statt. Geht man alleine von dem Begriff aus, dann zeigt sich, dass diese selbst außerhalb der Schule im Grunde genommen nur eher selten vorkommt. Man findet sie sicherlich bei Sportlern, Musikern, in bestimmten natur- oder geisteswissenschaftlichen Einzeldisziplinen, aber nicht in einer allgemeinbildenden Schule. Und es stellt sich die Frage, inwieweit eine Leistungsmotivation überhaupt in den Rahmen einer Schule gehört, lässt doch alleine die Vielzahl der Schulfächer daran Zweifel aufkommen. Es ist wohl kaum möglich, sich in fast zehn unterschiedlichen Unterrichtsfächern gleichsam auf Höchstleitung 'trimmen'. Und schon allein aus diesem Grunde lässt sich eine Leistungsmotivation wohl kaum einfach 'herstellen', wie es uns die Pädagogik gerne Glauben machen will.
Sinnvolles Lernen gedeiht in der Schule nicht von sich aus, sondern am ehesten in einer Art "Erledigungsmodus": Strukturiert und überschaubar werden die verschiedenen Schritte bzw. (Schul-) Arbeiten 'abgearbeitet'. Für den Schüler bedeutet dies, in einem überschaubaren Rahmen ganz bestimmte Schritte zu erledigen. Und am Ende hat man (und das gilt im Grunde für jeden Menschen) etwas geschafft – eben 'erledigt'. Im Erledigungs-Modus besteht die Leistung darin, überhaupt etwas (sinnvoll) geschafft zu haben.
Dem entgegen steht eine Haltung, die vielleicht unbewusst viele Lehrer (und in eins damit auch viele Eltern) verkörpern: Sie neigen dazu, dem Schüler eine Art (Leistungs-) Motivation "abzuverlangen". Mehr noch, man fordert im Grunde eine Leistungsmotivation, die in sich grenzenlos ist.
In diesem System geht es nicht mehr darum, ob ein Schüler 'gut' ist, sondern inwieweit er sich dem Programm einer 'grenzenlosen Leistungsmotivation' unterwirft.
Das Motto eines solchen Systems lautet: Wenn es einem Schüler gelingt, sich grenzenlos zur Leistung zu motivieren, dann kann nichts schief gehen. Und umgekehrt: Geht es doch schief, nun, dann war der Schüler eben nicht bereit, sich 'grenzenlos' zu motivieren.
Gerade die einer grenzenlosen Leistungsmotivation innewohnende Beweispflicht verhindert aber ein ruhiges Sich-einlassen und genaues Hinschauen auf die gestellte Aufgabe. 'Richtiges' Arbeiten ist somit genau genommen inkompatibel mit einer Leistungsmotivation im oben genannten Sinne.